19. Mai 2015

Schon wieder ein neues Ökostromschwindelopfer im Landkreis Lichtenfels

Bevor mich die Ökoinquisition verurteilt, lege ich vorsorglich mein Glaubensbekenntnis ab: Ich bin für die Energiewende. Ich bin dafür, dass alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden, je schneller, desto besser. Ich bin dafür, dass Strom aus fossilen Rohstoffen durch erneuerbare Energie ersetzt wird. Ich bin daher auch für neue Stromtrassen, weil ich weiß, dass sie für ein stabiles Stromnetz notwendig sind, wenn stabil laufende Großkraftwerke durch dezentrale Kleinkraftwerke ersetzt werden, deren Leistungsabgabe wetterbedingt starken Schwankungen unterliegt.

Allerdings bin ich entschieden gegen die Abzocke unter dem Deckmäntelchen Ökostrom. Jüngstes Opfer dieser Masche wurde der Kreisausschuss des Landkreises Lichtenfels: Ab 2017 soll der Landkreis zu 100 % mit Ökostrom beliefert werden. Weil die Kreisverwaltung anscheinend keine Stromlieferungsverträge abschließen kann, soll ein Beratervertrag mit der Kubus Kommunalberatung und Service GmbH abgeschlossen werden. Auch wenn Kubus ein Unternehmen kommunaler Spitzenverbände ist (was immer das auch heißen mag), so ist Kubus trotzdem ein gewinnorientiertes Unternehmen, das davon lebt, Beratungsleistung zu verkaufen. Was Kubus für seine Dienste bekommt, steht leider nicht in der Tageszeitung.

Jetzt zum Schwindel. Um ihn zu begreifen, muss man verstehen, wie das Stromnetz funktioniert. Da stelle mer uns janz dumm. Und da sage mer so: Das Stromnetz besteht aus Erzeugern (Kraftwerke, Windräder) und Verbrauchern (Fernseher, Waschmaschinen, Walzwerke, Straßenlampen). Erzeuger und Verbraucher sind über das Stromnetz miteinander verbunden, nicht nur bayernweit, wie so mancher Minister in München vielleicht glaubt, sondern deutschland- und europaweit. Der Witz an der ganzen Geschichte ist, dass es in diesem Stromnetz keine Speicher gibt (bis auf ein paar Pumpspeicherkraftwerke). Das bedeutet, dass immer genauso viel Strom verbraucht werden muss, wie erzeugt wird. Die Schwankungen im Verbrauch - und mittlerweile auch in der Erzeugung durch regenerative Energien -  müssen bisher durch konventionelle Kraftwerke ausgeglichen werden, weil die Netzspannung sonst nicht stabil gehalten werden kann.

Es gibt nur ein Stromnetz, in das alle einspeisen und aus dem alle Verbraucher bedient werden. Die Windturbine bei Bayreuth weiß nicht, dass ein Burgkunstadter Ökostrom bezieht, und das Atomkraftwerk Schweinfurt speist den Strom für den lichtenfelser Atomkraftgegner ein, obwohl er einen Ökotarif ohne Atomstrom gewählt hat. Einzig und allein die Abrechnung erfolgt anders. Man muss noch wissen, dass es auch Zertifikate für den Ökostrom gibt. Der Stromanbieter kann also von einem norwegischen Wasserkraftwerk ein Zertifikat kaufen und dann Ökostrom in Bayern anbieten, obwohl - wegen der physikalischen Gegebenheiten überhaupt kein Ökostrom aus Norwegen in Bayern ankommt.

Ein paar Ökostromerzeuger behaupten, der Mehrpreis würde in den Ausbau der erneuerbaren Energien investiert. Was die anderen damit machen, darüber breiten sie den Mantel des Schweigens. Es gibt nicht so wenig Windkrafträder, weil die Betreiber am Hungertuch nagten, sondern weil die Genehmigungsverfahren so lange dauern, und weil die entsprechenden Stromtrassen fehlen. Die Ökostromerzeuger werden schon durch die Ökostromabgabe subventioniert. Es gibt sogar eine Abnahmegarantie für erneuerbare Energien. Das ist alles im Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelt. Niemand würde Windräder oder Biogaskraftwerke bauen, wenn er kein Geschäft damit machen könnte. Also: Wozu noch zusätzlich für Ökostrom bezahlen? Nur, um die Gewinne der Ökostromerzeuger noch ein bisschen aufzupeppen?

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