3. September 2015

Eine neue Wasseraufbereitungsanlage - wozu?

Keime bedrohen das Trinkwasser und Sanierung würde Wasser und Geld sparen lauteten heute die Überschriften in zwei Tageszeitungen zu ein und demselben Artikel. Bei der ersten Überschrift habe ich gleich Angst bekommen und den Bericht gelesen. Das mit den Keimen war natürlich höherer Blödsinn. Worum geht es eigentlich?

Die Wasseraufbereitungsanlage ist mittlerweile über 50 Jahre alt. Der Stadtrat soll entscheiden, ob und wie die Aufbereitungsanlage saniert werden soll. Wolfgang Fuchs, Mitarbeiter des Ingenieurbüros Miller, das vermutlich an der Sanierung verdient, informierte den Stadtrat. Die Sanierungskosten wurden auf 350.000 € geschätzt. Miller ist natürlich an hohen Sanierungskosten interessiert, weil sie prozentual an den Sanierungskosten verdienen.

Die Aufbereitungsanlage funktioniere zwar einwandfrei und erfülle alle geltenden Normen, sei aber überholt, sagte Fuchs. Aber warum soll eine Anlage, die einwandfrei funktioniert, radikal saniert werden? Weil sie zu groß ausgelegt ist und die Filter nicht automatisch gespült werden. Mit einer kleineren Anlage könnten die Betriebskosten gesenkt werden. Um welchen Betrag die Betriebskosten gesenkt werden könnten, dazu erfährt der geneigte Leser leider nichts. Anscheinend hat es auch keinen Stadtrat interessiert.

Es ist auch nicht schlimm, wenn die Anlage 30 l/s aufbereiten kann, anstatt der benötigten 5 l/s. Das bedeutet nur, dass das Wasser schneller aufbereitet und in den Hochbehälter gepumpt werden kann. Als die Anlage gebaut wurde, war mein Vater der verantwortliche Wassermeister. Er hat die Befüllung der Hochbehälter manuell so gesteuert, dass die Pumpen möglichst nur mit billigem Nachtstrom liefen. Das hat auch deshalb funktioniert, weil die Aufbereitungsanlage eine höhere Kapazität hat, als durchschnittlich gebraucht wird.

Dann ist da noch die Sache mit den Keimen: Sie könnten jederzeit ins Trinkwasser gelangen, wegen der offenen Becken. In den letzten 50 Jahren haben es sich die Keime anscheinend immer reiflich überlegt, ob sie ins Becken springen, weil bisher die Trinkwasserqualität bezüglich der Keime nie beanstandet wurde. Das Trinkwasser wird nicht durch offene Becken (die in einem verschlossenen Gebäude liegen) gefährdet, sondern durch Überdüngung der Felder (unter anderem mit keimhaltiger Gülle). Deswegen gibt es Wasserschutzgebiete.

Und dann ist da noch die Entlastung des Wassermeisters, wenn die Filter automatisch gespült werden. Wieviel Arbeitsstunden werden dadurch eingespart? Keiner weiß es. Der Wassermeister sollte sowieso regelmäßig die Anlagen kontrollieren. Dabei kann er auch den Spülvorgang für die Filter manuell auslösen. Eine Wartung ist auch bei automatischem Spülen notwendig.

Liebe Stadträte, lasst euch doch mal ausrechnen, in wieviel Jahren sich eine neue Wasseraufbereitungsanlage amortisiert. Überlegt euch mal, ob es nicht günstiger ist, an der alten Anlage nur die notwendigen Reparaturen durchzuführen. Eine Wasseraufbereitungsanlage ist kein Smartphone, das man wegwirft, nur weil es überholt ist.

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