6. November 2014

Ordnungsruf für die Heimatpresse

Ich muss hier leider mal an die Grundsätze der guten Berichterstattung in Presse, Funk und Fernsehen erinnern. Die Autorin des Artikels Ordnungsruf für streitbare Stadträte in der heutigen Ausgabe des Obermain-Tagblatts, Gerda Völk, scheint sie nicht ganz verinnerlicht zu haben. Bericht und Kommentar müssen klar getrennt werden, auch unterschwellige Kommentare haben in einem Bericht nichts verloren.

Die Überschrift macht neugierig darauf, zu erfahren, was da wohl heftiges im Stadtrat diskutiert wurde. Woran hat sich der Streit entzündet, haben die Kontrahenten sich gegenseitig Beleidigungen an den Kopf geworfen, ist Blut geflossen? Das alles erfährt der geneigte Leser nicht, er erfährt nur, dass die Stadträte Thomas Müller und Günter Knorr mit einem Ordnungsgeld bedroht wurden. Der Grund bleibt im Dunkeln.

Einleitend schreibt Völk: "Die Anträge des Bürgervereins am Beginn einer Stadtratsitzung kommen beinahe schon mit schöner Regelmäßigkeit ..." Tenor des ersten Absatzes ist: Das ist halt wieder mal das übliche Kasperltheater des Bürgervereins. Diese Ausdrucksweise ist eindeutig kommentierend und hat in einer seriösen Berichterstattung nichts zu suchen.

Im zweiten Absatz steht: "Punkt 13 gelangte nach einstimmigem Beschluss in den öffentlichen Teil der Sitzung und sorgte für zum Teil so emotional geführte Diskussionen, ..." Eine Konjunktion wie und verbindet Satzteile, die etwas miteinander zu tun haben. Konjunktionen verbinden zwei Satzteile syntaktisch und logisch oder grammatisch. Mit diesem Satzbau wird insinuiert, dass die Diskussion so emotional geführt wurde, weil sie in der öffentlichen Sitzung geführt wurde.

Dass Punkt 13 der Tagesordnung in die öffentliche Sitzung kam, wurde vom Stadtrat einstimmig beschlossen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die öffentliche Sitzung die Regel und die nichtöffentliche die Ausnahme bildet. Hier hat der Bürgerverein anscheinend schon etwas auf dem Weg zu mehr Transparenz erreicht. Warum sich aber die CSU-Fraktion wegen der Abstimmung, ob der Tagesordnungspunkt in die öffentliche Sitzung vorgezogen werden solle, zu einer Fraktionsbesprechung zurückziehen musste, ist mir rätselhaft: Können CSU-Stadträte nicht einmal selbstständig über so eine Kleinigkeit abstimmen?

Aber worum ging der Streit überhaupt? Es ging nur um die Frage, wie die Abwassergebühren künftig abgerechnet werden sollen. Die aktuelle Rechtsprechung sagt, dass die Abwassergebühren an den Frischwasserverbrauch gekoppelt werden dürfen, wenn der Anteil der Niederschlagswasserbeseitigung an der gesamten Abwasserbeseitigung bis zu 12 % beträgt. In Burgkunstadt liegt der Anteil bei 22 %, also deutlich darüber.

Obwohl Stadtrat Markus Dingelreiter, seines Zeichens Rechtsanwalt, dem Gremium anscheinend erklärt hat, dass die laufende Rechtssprechung ähnlich zu berücksichtigen ist wie Gesetze, setzte sich das Germium mehrheitlich über diese Rechtsprechung hinweg. Argumentiert wurde mit dem riesigen Aufwand, der bei der Änderung des Abrechnungsverfahrens auf die Stadt zukäme. Nicht im Zeitungsartikel stand, dass vom Bürgerverein Beispiele für Gemeinden genannt wurden, die das Verfahren schon mit vertretbaren Kosten umgesetzt haben.

Anstatt auf einen Rechtsfachmann zu hören, andere Gemeinden zu ihren Erfahrungen mit dem vom Frischwasserverbrauch teilweise entkoppelten Abwassergebühren zu befragen oder sich anderweitig Rechtssicherheit zu verschaffen, hat die bornierte Mehrheit den Antrag des Bürgervereins einfach abgeschmettert. Vielleicht erlaube ich mir den Spaß und klage gegen die nächste Abwasserrechnung beim Verwaltungsgericht.

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